Fabel von Sirius
Ein Hund, der seinem Herrn über die Jahre
treu gedient hat, liegt angekettet auf einem Gehöft. Er ist alt geworden. Seine Herrn haben ihm mit allem versorgt.
Doch eines können sie ihm nicht zurückgeben: seine Jugend und seine Liebe, zu der einzigen
Frau, die ihm jemals etwas bedeutet hat und welche er vor langer Zeit verlor.
Er glaubt, Sie sei im Himmel und so sucht er Tag um Tag nach einem kleinen Zeichen, dass Sie ihn noch liebt
und auf ihn wartet. So singt er Ihr jede Nacht ein Lied, doch er findet Sie nicht und seine Augen sind schwach.
In seinem Schmerz bittet er den Mond sein Freund zu sein und den Sternen zu erzählen von Ihr,
damit sie wissen, dass er Sie immer noch liebt und hofft, dass Sie auf ihn wartet.
Denn unter den vielen Sternen muss auch der Ihre sein. Und so singt er jeden Abend dieses Lied,
in der Hoffnung, dass sein Bruder, der Mond, ihm im Traum erzählt von ihr. Das sein Herz nicht einsam ist in dieser Nacht,
weil Sie ihn hört.
Doch mit der Zeit werden seine Augen immer schlechter und seine Stimme schwach. Und eines Tages schließlich ist er blind.
Die Pfoten sind ihm taub geworden, und seine Stimme reicht nicht mehr bis zu den Sternen.
So sucht er jede Nacht verzweifelt, nach seinem Bruder, dem Mond. Den er nicht sehen kann.
Eines Tages kommt ein Fuchs auf den Hof, um ein Huhn zu stehlen. "Du alter, blinder Narr, tust mir nun nichts mehr!"
Da sagt der Hund: "Bruder, ich sehe die Sterne nicht heut Nacht. Sag mir, wo sind sie hin."
"Dort, Greis" "Bruder, ich sehe den Mond nicht heut Nacht. Sag mir, wo ist er hin."
"Dort, Greis" "Ich sehe sie nicht. Ich bitte Dich, Bruder, sei Du mein Freund für diese eine Nacht und sing mein Lied mit mir.
So wird es vielleicht laut genug, dass meine Liebste es hört."
Der Fuchs hatte Mitleid mit dem Alten und willigte ein. Und so erhob sich ein zauberhafter Gesang in die Nacht.
Doch sobald der Hund angefangen hatte zu singen, hörte es sein Herr und stürzte aus dem Haus.
Erschoss den Fuchs und war's zufrieden.
Er tätschelte ihm das Bein, dass er nicht mehr spüren konnte, lobte ihn mit Worten, die er nicht verstand,
füllte den Napf, den er nicht sah.
Doch seit dieser Nacht erhebt sich wieder ein Lied in die Dunkelheit, voll Klage um eine vergangene Jugend,
eine verlorene Liebe und einen Freund, den man vergessen hat.
Seit jener Zeit singen überall im Land
Hunde jede Nacht bei Vollmond in Gedenken an den alten Sirius, der das Licht des
Tages nicht mehr erblickte, nachdem er seinen letzten Freund verlor.