"customizable web services"

Pointiert formuliert: Was bedeutet es, wenn sich eine Gesellschaft von der Konzentration auf die Dienstleistung zur Konzentration auf den Kunden wandelt? Ganz einfach: das ist so, wie wenn Newton einen Apfel auf den Kopf bekommt und feststellt, dass es nicht der Apfel war, der unbedingt fallen wollte.

Gehen sie in ein beliebiges deutsches Geschäft und fragen sie eine Angestellte, für wen sie arbeitet. Die Antwort, die sie bekommen werden ist: für meinen Chef. Die Tatsache, dass nicht dieser Chef sondern der Kunde nämlich mit seinem Geldbeutel über die Höhe ihres Gehaltes entscheidet ist in den Köpfen noch nicht angekommen.

Anders im Internet. Nein: damit ist nicht E-Commerce gemeint. Damit meinen wir nicht zugemüllte Mailboxen voll sinnloser Werbung für schlüpfrige und teilweise abartige "Angebote". Auch nicht den sprichwörtlichen "Charme" eines digitalen Katalogs, wenn man darauf wartet, dass sich die nächste PHP-Seite Pixel für Pixel aufbaut. Auch nicht die langen Lieferzeiten und die völlig inkompetenten Hotlines für Notfälle.

Hier geht es um ganz normale Webseiten und ein Versprechen, welches die amerikanische Firma SUN (Entwickler der Programmiersprache Java) bereits vor Jahren gemacht hat. Der Trend für Webseiten gehe weg vom "Dokument", dass ins Web gehängt wird, hin zum "Service" der über das Web genutzt werden kann.

Der Trend geht dahin, dass Webseiten sich an den Bedürfnissen der Personen orientieren welche sie konsumieren. Gleichzeitig verändert sich das Verständnis von Webdesign weg von einem "digitalen Buch", dass völlig fertig geschrieben und dann veröffentlicht wird, hin zum virtuellen Desktop direkt im Web. Auf dem Services und Dienstleistungen angeboten werden und den der Besucher als seine persönliche Arbeitsumgebung und Schnittstelle zu Informationen und Diensten begreift.

Update:

Der Text stammt aus dem Jahr 2003. Der Artikel geht in eine sehr ähnliche Richtung, ist jedoch nicht identisch mit dem etwa 1 Jahr später eingeführten "Web 2.0".

Die Webseite von morgen muss also außer Inhalt zu bieten und schick aus zu sehen noch eine Reihe anderer Kriterien erfüllen.

Die Webseite ist mehr ein Programm als eine Seite. Deswegen ist es sinnvoller von "Webservice" zu sprechen. Der Autor bietet nicht mehr im klassischen Sinne "Dokumente" an, er stellt "Services" (Dienste) bereit. Das können ganz klassisch einfache HTML-Seiten oder Programme zum Schreiben und Versenden von Mails, spielen von Internet-Games oder ähnliches sein. Die Webseite ist die grafische Oberfläche, mit welcher der Besucher unter den angebotenen Services auswählen kann und mit laufenden Services interagiert.

Deswegen wird erwartet, dass ein Webangebot "Custom"isierbar (um einmal diesen schrecklichen Anglizismus zu vergewaltigen) ist. Was im Grunde soviel bedeutet, wie dass sich zukünftige Webseiten an den Nutzer anpassen und nicht der Nutzer an die Webseite.

Im Klartext soll dies heißen, dass der Nutzer eines Webservices zum Beispiel die Möglichkeit hat, das Hintergrundbild oder die Textfarbe selbst zu wählen. Oder dass sich Menüs den Wünschen des Nutzers anpassen und nur relevante Inhalte anzeigen. Kurzum: alles, was sie bereits heute mit einem normalen Desktop egal ob Windows oder Linux machen können wird in Zukunft auch auf die Entwickler neuer Webangebote als Forderung zukommen.

Was heute noch "in" war, ist morgen schon Schnee von gestern. Flash und PHP-Seiten sind damit nun endgültig völlig "out".

Spätestens seit der Einführung von ASP.NET muss jedem zukunftsorientierten Entwickler klar sein: Dass diese Entwicklung trotz einer gewissen Verspätung inzwischen kein Versprechen einer kleinen durchgedrehten amerikanischen Firma mehr ist, sondern eine Tatsache. Auch wenn, anders als von Sun prophezeit, Java sich als Standardsprache für das Web allem Anschein nach nicht durchsetzen konnte.

(ac/tom) Diskussion