StarCraft
Meldung von: Juli 1997
Sie haben Alien gesehen, für sie ist Predator nicht einfach nur ein neuer Fußbodenreiniger und bei U.S.S. Enterprise denken sie schon lange nicht mehr an einen schnöden Flugzeugträger? Dann hat Blizzard für SIE eine Überraschung: Starcraft. Der Warcraft-Abklatsch für Science-Fiction-Freaks mit dem Touch dessen was noch nie ein Mensch zuvor in seinem Speicher hatte. Unentdeckte Weiten programmiertechnischer Ideen und warpfrischer Einheiten für den genügsamen Allesdrescher am heimischen Bildschirm.
Auf den ersten Blick reizt Starcraft den diebisch grinsenden Redakteur geradewegs zu einem mutwillig an den spärlich gestreuten Bartstoppeln herbeigezogenen Vergleich mit Total Anihilation.
- Rein grafisch hat T.A. die Nase meilenweit vorn! Die 2D Einheiten bei Starcraft sehen immer noch so aus als hätte es seit Warcraft keine neue Hardware gegeben.
der
Missionsbildschirm:
hier werden Einsatzbesprechungen angezeigt
Doch was bringt die technische Revolution, wenn man es trotzdem auch mit weit über 100 verschiedenen Einheiten und Gebäuden nicht schafft, auch nur einen Hauch von Originalität, Abwechslung oder Atmosphäre aufkommen zu lassen. Was T.A. das metzeltechnische Genick bricht, bildet für Starcraft überhaupt erst das Rückrad. Abwechslung pur, gewürzt mit reichlich Atmosphäre. Starcraft 146; 1 die T.otale Ä. ntäuschung 0.
Das größte Manko in Starcraft ist tatsächlich die Grafik.
Wo bei der Konkurrenz mit aberwitzigen Explosionen nicht gespart wird und herrlich animierte Bots über eine echte 3D-Karte und durch transparente Gewässer spiken, bietet Starcraft gerade mal gekritzelte 2D-Monster auf 2D- Karten mit, allerdings reichlich vorhandenen, 2D-Objekten. Zwar gibt es Felsplateaus und animierte Gegenstände, nach dem echten kiefersperrenden Schmankerl sucht man allerdings vergebens.
Anders bei den Einheiten. So bietet Starcraft gegenüber der Konkurenz 3 statt der üblichen 2 Völker zur Auswahl. Die Story mit den (3-dimensionalen) Videosequenzen ist superb und reif für Alien 5. Jede Menge Direktangriffe auf Zerg- pardon Zwerchfell und Konsorten lassen keinen Zweifel aufkommen, das seit den grünen Freunden aus Orkland der Humor bei Blizzard nicht verlorengegangen ist. Auch wenn viele der verwendeten Sounds bereits das x-te Mal aus anderen Games des Herstellers recycled wurden und hin und wieder ein leichtes Deja-Vu aufkommen lassen.
Aber jetzt mal im Ernst, wen kratzt das schon, wenn man die Gelegenheit hat, zwischen den (vom Filmvorbild kaum zu unterscheidenden) Aliens alias Zerg, schießfreudigen Terranern mit Hang zur Monarchie (England rules not only the waves, but the galaxy) und dem rachsüchtigen Predatorverschnitt genannt Protoss , zu wählen - und das noch bevor das große Vorbild Alien vs. Predator , welches bei der Grundidee offensichtlich Pate gestanden hat, auf dem Markt ist???
Zumal die Vielfalt in Sachen Einheiten groß ist. So können die Terraner als einzige ihre Einheiten reparieren, haben fliegende (und somit transportable) Gebäude, getarnte Einheiten, Minenleger als eine Art Scout, Flammenwerfer, getarnte Jäger etc.
Die Aliens morphen stattdessen lieber in die passende Form. Aus Larven werden Drohnen (aus denen Gebäude werden), Krieger, fliegende Bomben, Jäger, Königinnen, die feindliche Gebäude verseuchen oder Gegnern Parasiten einpflanzen, bzw. das klassische Alien, welches mit einer Art Säure spritzt, was erfahrungsgemäß nicht nur hässliche Flecken verursacht, sondern unter Umständen auch geringfügig gesundheitsschädigend ist.
Die übliche Gebäudekonstellation können sie ebenfalls getrost vergessen. Da hier alles aus Biomasse ist, braucht man keine Fabrik - eine Art Brutkammer und etwas Geduld reichen aus.
Die europäischen Gesundheitsminister warnen, Außerirdische gefährden ihre Gesundheit. Sollten sie einem dieser possierlichen Tierchen in freier Wildbahn über den Weg laufen, vermeiden sie bitte jeglichen Kontakt, da über Maul oder Klauen gesundheits-schädigende Bakterien übertragen werden können und einige dieser possierlich aussehenden Geschöpfe vielleicht zu plötzlichen Stimmungsschwankungen neigen könnten.
Die Protoss sind dagegen die Einzigen, die über aufladbare Energieschilde verfügen. Ihre Einheiten ziehen zwar im Angriff die meisten Punkte, sind aber auch vergleichsweise teuer und ziemlich schnell zerstört. Außerdem sind sie die Einzigen, deren Einheiten (Trägerschiff und der Artilleriekäfer) kostenpflichtig mit Munition versorgt werden müssen.
Natürlich können jedwede Einheiten zusätzlich in speziellen Gebäuden weiterentwickelt und verbessert werden.
Eine bunte Mischung also, wenn nicht noch eine Kleinigkeit wäre. Offensichtlich hat man bei Blizzard verschiedene Designer an das entwickeln der Einheiten für die jeweiligen Rassen gesetzt. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Die Einheiten sind einfach nicht so recht auf einander abgestimmt. So schneiden die Protoss im direkten Vergleich zu schwach ab, da die Einheiten wesentlich teurer, aber nur geringfügig besser sind. So haben die Terraner zwar einen Minenleger, dieser lädt sich allerdings nicht nach und besitzt nur 3 Minen - Minenräumer hat die Konkurrenz nicht auf Lager. So mangelt es dem Gegner an der Möglichkeit einmal eingefangene Parasiten wieder zu entfernen.
ein Hive der Zerg
Die Seiten sind unausgeglichen und nehmen im Mehrspielermodus dem Spieler auf Dauer den Wind aus den Segeln. Wie beim Vorgänger Warcraft(TM) kommt man auch hier am besten weg, wenn man auf die meisten Updates verzichtet und in Massen mit billigen Einheiten angreift. Hinterhalte baut weder der Computer auf, noch sind sie ohne weiteres zu bewerkstelligen.
Wer aktuelle Konkurrenten wie Earth 2150 oder AoE2 getestet hat, vermisst zudem das Einnehmen feindlicher Gebäude, sowie diverse liebgewonnene Einheiten wie Artillerie, oder Schiffe, oder auch echte Flieger anstatt der vergleichsweise statischen fliegenden Panzer bei Starcraft, die mit jeglichem Flugverhalten ungefähr soviel gemein haben, wie Mr. Spock mit einer altbayrischen Tunte.
Versöhnlich stimmt dagegen die Gegner-KI, welche erstmalig die Angreifer nicht einzeln sondern in der Gruppe angreifen lässt. Was denn angehende Metzelkönige nicht stören wird, sammelt unser aller Blechkamerad doch treudoof seine Einheiten schön in einzelnen Gruppen erst in einiger Entfernung vor der gegnerischen Basis - Mit freundlichen Grüßen an die Spähtruppen. Zudem kommt selbst der Computer mit dem Wirrwarr unterschiedlichster Einheiten nicht soweit klar, dass er einen taktischen Angriff mit allen Waffengattungen zu Stande bringen würde. Aus dem Konzept gebracht leistet der Blechkamerad häufig keine respektable Gegenwehr mehr. Von hinterhältigen Ablenkungsmanövern, feigen Überfällen, oder geschickt platzierten Minenfeldern á la Earth kann diese KI ohnehin nur träumen.
Hardware
Der Test auf meinem P-133 zeigte auch im Netzwerk keine nennenswerten Geschwindigkeitsprobleme. Alle Sessions verliefen stabil und fehlerfrei. Allerdings können Besitzer des Updates ihre neuen Maps nur mit Personen testen, die ebenfalls "Broodwars" installiert haben. 3Dfx wird nicht unterstützt. Das Programm müsste ab einem P-100 mit 8-fach CD-Rom problemlos laufen.Das macht Starcraft allerdings wieder wett durch seinen hervorragenden Missionseditor, der sogar das editieren der Einheiteneinstellungen, einfügen von Missionsbeschreibungen und das gezielte aufrufen spezieller KI-Scripts bietet.
Ein Tipp: wer clever ist, legt sich Starcraft im Bundle mit "Broodwars" zu. Der Lohn: 3 komplett neue Kampagnen inkl. Zwischensequenzen, leicht verbesserte KI, verbesserte Spielbalance, leicht verbesserter Missionseditor, neue Einheiten und Gebäude, sowie Maps satt.
Ein echtes Schmankerl ist auch der verbesserte Multiplayermodus. Kleiner Tipp, unter dem Verzeichnis Szenario finden sie zusätzlich zu den Standard Deathmatches einige hoch interessante Varianten, wie eine Starcraftversion von SpaceInvaders - als Multiplayer. Weitere Karten findet man inzwischen auf unzähligen Web-Sites zum Thema.
Fazit:
Trotz heftiger Kritik an den Details des Produkts bleibt Starcraft eine Perle unter den Echtzeitgemetzeln für heimische Wohneinheiten.
Wer gerne einen Marktführer auf der heimischen Festplatte hat, sollte Blizzard das wohlverdiente Zepter übergeben. Etwas besseres können sie sich ( sofern sie nicht über ein Holodeck der Kategorie 3 verfügen) zu dieser Preislage im Moment noch nicht in die gute Stube stellen.
Dennoch: wer etwas mehr Geld übrig hat, wartet lieber auf den in Bälde erscheinenden Teil 3 der Warcraft-Saga. Der (...ähem) "Wiedererkennungsgrad" dürfte allerdings bei diesem Produkt weitaus höher liegen, als bei Starcraft ...
(ac/tom)