Earth 2140
Eine Welle verschiedenster Echtzeitstrategiespiele überschwemmt alljährlich die betrieblichen Folterkammern und heimischen Wohnhöhlen. Neben den wenigen wirklich neuen Konzepten und visionären oder einfach nur technisch überlegenen Ausbrüchen schöpferischer Arbeit schwimmen darauf allerdings auch wieder einmal jede Menge Trittbrettfahrer mit, die auf ein nettes Sümmchen nebenbei scharf sind und dem Spieler den selben alten, durchgekauten Sch... zum doppelten Preis unterjubeln wollen.
Hubschrauberangriff der ED auf eine UCS Basis
Oberflächlich betrachtet macht Earth 2140 da durchaus keine Ausnahme. Ich mag mich zwar täuschen, aber wenn ich mich nicht wirklich sehr irre, habe ich quasi alle Elemente des Spiels bei Westwoods Strategieknüller Command & Conquer +/- diverser Klons und Updates schon einmal gesehen. Allerdings, zugegeben, zu einem weitaus höheren Preis. Das Spiel selbst macht dafür allerdings auch einen eher mageren Eindruck. Neben einigen netten - aber ansonsten überflüssigen Ideen, wie sich über mehrere Bildschirme erstreckende, scrollbare Menüs, die rein optisch einen exzellenten Eindruck machen, gibt es nicht viel, was der Erwähnung wert wäre. Alles macht eher den Eindruck einer Billigproduktion. Das Intro gehört sicherlich zum besten was auf heimischen Bildschirmen jemals zu sehen war. Leider sind die Zwischensequenzen hoffnungslos zu kurz geraten, zumal man nur ungefähr alle 5 Missionen überhaupt eine zu sehen bekommt, und diese sind leider auch nicht Teil eines Storyboards, sondern grafisch perfekte Schilderungen nutzloser Belanglosigkeiten. Die gnadenlose Action des Intros bleibt dabei vollständig auf der Strecke - solange ihnen beim Anblick eines einparkenden Erztransporters nicht gerade der Atem stockt. Ist die Grafik in den Videos noch einsame Spitze, so ist sie im Spiel dann doch eher Mittelmaß. Zudem muss der Spieler mit einigen Grafikfehlern leben, zum Beispiel Einheiten, die Gebäude überdecken.
eine UCS-Basis in der
Arktis
Gründlich ins Fettnäpfchen getreten ist man dafür aber bei der Musik. Wen immer unsere polnischen Freunde von Topware da auch ans Keyboard gelassen haben, das Spiel scheint er während dieser ganzen Zeit kein einziges Mal gesehen zu haben. An der Qualität der Musikstücke gibt es an sich durchaus nichts auszusetzen, allerdings passen Walzer und Jazz nur bedingt zu einem getriebeöltriefendem Echtzeitgemetzel - besonders peinlich ist dies erst recht dann, wenn Intro und Musik ungefähr so gut zusammenpassen wie ein Goldhamster und eine Kettensäge. Offensichtlich hat man das im Nachhinein auch bei Topware eingesehen und dem Missionpack einen leider wenig aussagekräftigen Remix des Originals +/- diverser Zwischensequenzen beigefügt. Leider war man allerdings so (räusper) beschränkt die Musik dafür aus der alten Sammlung zu übernehmen, in dem Glauben, daß wenn man sie mit ein Paar Technoelementen mischen würde, noch etwas Farbe beimischt und das ganze dann euphorisch einen Musikclip nennt, das Endergebnis einen besseren Eindruck machen würde.
Nun ja, dachte man wohl jedenfalls. Einsichtig weißt man allerdings in einer entsprechenden Readme darauf hin, dass man auch eigene Musik-CDs während des Spiels abspielen kann. Löblich - aber wenig hilfreich. Schwach präsentieren sich auch die Sounds im eigentlichen Spiel. Für ALLE Einheiten gibt es praktisch nur drei verschiedene Soundsets. Während jedes andere Game jedem noch so kleinen Vehikel, oder Gebäude seine eigene Soundauswahl gönnt, klingt bei Earth praktisch alles gleich.
Wüstenkarte (links: das ausblendbare Baumenü)
Lohn des Ganzen: die Komplettinstallation des Spiels samt Musik und allen
Spieldaten belegt nur knapp 90MB auf der eigenen Festplatte.
Trotz allem
macht das eigentliche Spiel einen recht guten Eindruck. Der Spielspaß spricht
bereits nach kurzer Zeit für sich. Zudem bietet der Dank Missionpack
einstellbare Schwierigkeitsgrad selbst denen, die C&C problemlos
durchgespielt haben eine echt harte Nuß, ohne Anfänger vollends verzweifeln zu
lassen. Zudem ist die Gegner-KI erfrischend hoch. Kombinierte Angriffe mit
allen Waffengattungen sowie fiese Ablenkungsmanöver und geschickt plazierte
Minenfelder stehen ebenso auf dem Programm wie die heimliche Einnahme ihrer
Gebäude durch Fußtruppen - bei wechselnder Taktik des Computers.
Zudem
gesellen sich all die Dinge, welche C&C Spieler seit langem vermissen:
einfache Übernahme feindlicher Gebäude durch normale Infanterie, eigene Truppen
lassen sich zur Verteidigung auch in den eigenen Gebäuden unterbringen,
Schattenpanzer, die nicht nur selbst unsichtbar sind, sondern auch alle sie
umgebenden Einheiten in Dunkelheit hüllen, Transportfahrzeuge für Wasser und
Land, die einer schweren Kampfeinheit moderate Geschwindigkeit bieten - aber
ohne deren Geschütze auszuschalten. Zudem gibt es nun Wegpunkte und
computergesteuerte "Generäle", welche ganze Truppenteile für sie befehligen (
wenn auch mehr schlecht als recht). Alles ganz nett - ein echter Klassiker wird
das Spiel aber wahrscheinlich trotzdem nicht.