Heiraten ist aufregend
Und das Standesamt tut alles, um es für potentielle Eheleute noch aufregender zu gestalten.
Um einen Antrag auf Eheschließung zu stellen (so erklärt man mir) muss das Paar erst einen Antrag stellen auf Erteilung eines Bescheides der Ehefähigkeit.
Dieses Papier besagt, dass wir noch nicht verheiratet sind.
Im nächsten Schritt wird das von der Behörde, welche die Eheschließung durchführt, noch einmal geprüft. Ordnung muss sein!
Zu diesem Zweck verlangen beide Behörden von den Ehepartnern jeweils ein gutes Dutzend bei verschiedenen Behörden einzeln zu beantragender Dokumente. Zum
Beispiel einen Geburtsregisterauszug, da aus der Geburtsurkunde allein nicht abgeleitet werden kann, dass man tatsächlich geboren ist.
Dies darf man dann einreichen beim beschaulichen Provinzstandesamt von Gottes Gnaden. Ein Ort an dem die Zeit stillsteht, man gern mal den Telefonhörer neben
den Apparat legt, die Öffnungszeiten als private Frühstückspause interpretiert, am Tag nur maximal 3 Kunden bedient und ein Kunde sogar für die Abgabe eines
Antrags 2 Wochen im Voraus einen Termin beantragen muss, damit man die BeamtInnen nicht im Winterschlaf stört.
Im Bürgeramt erfolgt zunächst die Einstimmung.
Eine halbe Stunde nach Beginn der Öffnungszeit haben die ersten Beamten und Beamtinnen die Jacke ausgezogen,
sich Kaffee geholt und beginnen zu arbeiten.
Ich möchte eine Kopie beglaubigen lassen und man ruft mich zu einem Platz, an welchem ein Sachbearbeiter verzweifelt mit der EDV kämpft:
Erna?
- Pause -
Erna?
- Pause -
Jaaaaa?
- Pause -
Ich finde das neue Office nicht!
Guck mal unter MS-Office.
- Pause -
Warte! Ich mache noch mal alles zu.
- Pause -
Tatsächlich! Das ist aber kompliziert!
- Pause -
Er startet Word.
Und was wollen Sie?
Eine Beglaubigung.
Der Beamte schaut verwirrt.
Erna?
- Pause -
Jaaaa?
- Pause -
Wo finde ich die Beglaubigungen?
Datei / öffnen
WAAAAS?
Menü 'Datei' und dann 'öffnen'.
Das ist aber ganz schön versteckt!
- Pause -
Erna, es hat geklappt.
- Pause -
Was wollten Sie gleich nochmal?
Eine Beglaubigung.
Erna?
- Pause -
Erna? Der Drucker geht nicht!
Nachdem er mit Ernas Hilfe geklärt hatte, wie man eine Kopie korrekt "abstempelt" (man kann schließlich nicht irgendeinen Stempel nehmen) fiel ihm wieder
ein, dass er in die Bedienung des Kopierers nicht eingewiesen ist. Nur gut, dass ich die Kopie bereits selbst für ihn gemacht hatte.
Danach redete er mit Katrin weitere 10 Minuten darüber, wie man eine Quittung ausdruckt, die das aber leider auch nicht wusste. Bis schließlich Markus kam
und ihm half.
Natürlich war die erste Quittung falsch und er musste die Prozedur wiederholen.
(Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass manche Beamte jedes Blatt einzeln in den Drucker legen statt einen Stapel aufzufüllen?)
Schon eine halbe Stunde später habe ich meine beglaubigten Kopien.
Endlich: werde ich auch zur Standesbeamtin vorgelassen. Eine gemütliche Frau und Zierde ihrer Zunft. Ziel meiner Begierde ist ein Antragsformular.
Die Dame sitzt mir hörbar schmatzend mit Joghurtbecher und Kaffeetasse gegenüber und erklärt: Sie können doch aber nicht einfach so heiraten wollen. Das
geht doch nicht! Sie nehmen das nicht ernst genug
.
Ich antworte höflich: Aber ich bitte Sie. Einen Antrag auf Erteilung eines Bescheids zur Befähigung der Erteilung eines Antragsformulars kann man
schließlich nicht ernst genug nehmen. Außerdem sehe ich, Sie sind eine vielbeschäftigte Person.
Da klopft es an der Tür. Herein?
Ein weiterer Störenfried erdreistet sich früh am Morgen einen Heiratswunsch zu haben.
Nein, so geht das einfach nicht! Und schon gar nicht zwei auf einmal. Holen Sie sich einen Termin. In zwei bis drei Wochen habe ich eventuell für Sie Zeit.
Den Termin bekommen Sie telefonisch. Und zwar am besten bei meiner Kollegin.
Nachdem sie den unerwünschten Gast hinauskomplimentiert hat erklärte sie mir, dass mir heute nicht zu helfen sei. Aber sie könnte mir eine Broschüre mitgeben
- die sie leider gerade nicht da hat.
Den Antrag kann sie mir nicht aushändigen, dazu bräuchte ich einen Termin.
Damit ich nicht ganz umsonst gekommen sind, listet sie mir zumindest schonmal auf, welche anderen Anträge ich noch ausfüllen muss, bevor ich sie erneut mit
der Bitte um einen Antrag auf Eheschließung belästigen dürfe. Damit erspare ich Ihnen einen Anruf
, sagt Sie entgegenkommend.
Szenenwechsel.
Andere Stadt, anderes Standesamt: Freitag 17 Uhr. Das Telefon klingelt und jemand hebt ab. Was brauchen Sie denn?
- Einen Geburtsregisterauszug. Muss ich
einen Antrag stellen, oder persönlich kommen?
- Antrag? Wir sind doch nicht im Mittelalter! Senden Sie mir eine E-Mail. Wir schicken Ihnen das per Post
nach Hause.
- Und die Bearbeitungsgebühr?
- Die Rechnung legen wir bei, Sie können das online überweisen.
Zu dumm, dass ich mir das Standesamt nicht komplett frei aussuchen kann. Ich wüsste schon wohin ich ginge.
Schatz?
- Pause - Schaaatz?
- Pause - Was hältst du von einer wilden Ehe?