Creative Commons License Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.

Memoiren eines Schattens

Ich bin es gewohnt in großen Worten zu schreiben. Bin gewohnt, romantische Gedichte zu verfassen. Ich habe gelernt, gewaltige und gewaltig verrückte Dinge zu lieben. Vielleicht komme ich gerade deswegen mit den kleinen, normalen Dingen in meinem Leben nicht klar – Beziehungen zum Beispiel.
 
Es ist schon verrückt, wie ein so kleiner Mensch soviel Zuneigung für die Dunkelheit und soviel Angst vor der Kälte aus bloßer Gewohnheit entwickeln kann. Ich muss mich selbst loben – ich bin der König der Triefnasen, der Pascha aller verlassenen Seelen und der Herr über das Nichts.
Ich hatte meine erste Freundin im zarten Alter von 20 und war nach 20 Jahren und 4 Tagen zum ersten Mal Single - Aber wenigstens verliebt. Sie hatte natürlich längst zu ihrem südländischen Freund mit den treuen braunen Augen zurückgefunden, als ich mir noch meine Nächte damit um die Ohren schlug von ihren blauen zu träumen.
Als sie nach 4 Wochen etwas anderes zu tun hatte, als mich zum Narren zu halten, habe ich mir mein erstes Adressbuch gekauft.
Schwarz steht mir seitdem sehr gut - finde ich zumindest. Meine Sammelleidenschaft für „höfliche“ Absagen, gebrochene Herzen und Fußtritte brachte mir ein halbes Duzend schwarze Balken in knapp 9 Wochen und eine gesegnete Phobie gegenüber allem, was mir zur Begrüßung um den Hals fällt. Ich frage mich manchmal, was mich dazu brachte, mich selbst zu erniedrigen. Verzweiflung? Angst vor der Einsamkeit? Es war wohl beides.
Als ich gestern wieder für 3 Stunden das letzte Mal in meinem Leben das Mädchen meiner Träume gefunden hatte, wusste ich noch nicht, dass ich heute Morgen erfahren sollte, dass man sich in Sachsenanhalt IMMER zur Begrüßung gegenseitig die Zunge in den Hals steckt.
Andere Länder, andere Sitten. Man(n) lernt wohl nie aus.

Eine gesunde Portion Humor gehört schon dazu, wenn man das Herz gebrochen bekommt.
„Nicht so tragisch. Ich bin’s ja gewohnt.“ – ein kurzes Nicken von ihr – „Es ist ja nicht dein Fehler, dass es auch Menschen mit Gefühlen gibt.“ – Schulterzucken. Was immer in diesem lockigen Kopf vorging, es hatte schon längst nichts mehr mit mir zu tun.

Wieder huschen Schatten durch die Nacht vor meinem Fenster. Hätte ich in ihre Augen sehen wollen, hätte ich vielleicht noch erkannt, wie glücklich sie sind – bevor die beiden hinter dem Haus mit der Nummer 7 verschwinden. Zwei Herzen voll von einem Glück das Jeder – nur nicht ich – zu finden scheint.

Ich habe aufgehört zu träumen. Weil es weh tut, aufzuwachen.
Ich bin ein Schatten. Sitze zusammengekauert in meiner Ecke und lecke meine Wunden.
Ein Freund hat mir einmal gesagt „Die verdammten Weiber sind irgendwann unser Tod.“
Ja – ich würde lieber für ein Mädchen sterben, als für die Einsamkeit leben.

Ich sitze hier und lecke meine Wunden und warte auf die ersten Strahlen des neuen Tages. Vielleicht nehmen sie die Schatten der Nacht von mir.
Nichts ist verrückter als die Wirklichkeit eines Sonntagskindes, dass geboren wurde nach einem
Freitag den 13. Und wieder wandert ein Schatten durch die Nacht, auf der Suche nach dem kleinen bisschen Glück, dass jedem Menschen zusteht.

(ac/tom) Diskussion